Die Quantifizierung der dynamischen Bewegung von Proteinen, z. B. von Kernrezeptoren als Reaktion auf Arzneimittel, erfordert robuste Kernsegmentierungsmethoden unter Verwendung von Farbstoffen und Färbemitteln. Dieses Verfahren zeigt jedoch erhebliche Einschränkungen: Färbeverfahren für lebende Zellen sind zeitaufwändig, teuer und können zu Phototoxizität, Photobleichen und Inaktivierung lichtempfindlicher Verbindungen führen (z. B. R18811).
Um diese Herausforderungen zu überwinden, haben wir ein neuronales Netz (NN) entwickelt, das die Bildgebungssoftware cellSens zusammen mit der Deep-Learning-Technologie TruAI nutzt, um Zellkerne ohne Verwendung von Fluoreszenzmarkern zu identifizieren. Anschließend haben wir das NN trainiert, zwischen verschiedenen Zellphänotypen als Reaktion auf Arzneimittel zu unterscheiden. Hier wenden wir den NN-Arbeitsablauf an, um die intrazelluläre Dynamik des Androgenrezeptors (AR) in lebenden Prostatakrebszellen vorherzusagen, die mit auf AR ausgerichteten Arzneimitteln behandelt wurden.
Abbildung 1: Arbeitsablauf zur Vorhersage von mehrklassigen Kernphänotypen unter Verwendung eines trainierten NN.
Nach der Aktivierung wandert der AR vom Zytoplasma in den Zellkern zu transkriptionell aktiven Stellen, die mithilfe der konfokalen Mikroskopie als deutliches Sprenkelmuster sichtbar gemacht werden können. Zur Vorhersage der AR-Dynamik entwickelten wir zunächst ein NN, das Zellkerne ohne Kernfärbung erkennt. Dann klassifizierten wir die Zellen auf der Grundlage der GFP-AR-Kerntranslokation und des Transaktivierungsstatus (Sprenkelung) – beides unverzichtbare Messwerte, um Substanzen auf ihre Fähigkeit zu testen, den AR zu beeinflussen. Schließlich zeigten wir, dass unser NN-Arbeitsablauf diese entscheidenden AR-Phänotypen ohne Kernfärbung erfolgreich vorhersagt.
Wir erzeugten einen Trainingsdatensatz, der aus den drei wichtigsten AR-Phänotypen besteht, die häufig bei Reaktionen auf Arzneimittel beobachtet werden. Wir verwendeten die Hälfte der Bilder zur Erstellung des NN und die andere Hälfte zur Bewertung seiner Leistung. Schließlich wendeten wir unser mehrklassiges NN auf einen unabhängigen Datensatz ohne Kernfärbung an.
Für die Entwicklung eines NN erstellten wir zuerst einen Trainingsdatensatz, der aus drei wichtigen AR-Phänotypen besteht:
Um Referenzdaten zu erhalten, färbten wir die Zellkerne unter Verwendugn von SiR-DNA. Mit einem UPLSAPO 20X-Objektiv und dem Galvanometer-Scanner des konfokalen Lasermikroskops Olympus FV3000 wurden Bilder mit einem Pixelverhältnis von 1024 x 1024 aufgenommen. Danach teilten wir den gesamten Datensatz (60 Bilder) in zwei gleiche Teile für den Trainingssatz und den Validierungssatz (je 30 Bilder) auf. Um das NN zu trainieren, wurden 10 GFP-AR-Bilder mit maximaler Intensität von jedem der drei AR-Phänotypen (50 % der Daten, insgesamt 30 Bilder) mit Kernfärbung verwendet.
Abbildung 2: Vorbereitung der mehrklassigen AR-Phänotyp-Trainingsdaten auf der Grundlage von Zellkernfärbungen. (Links) grün: AR-GFP, violett: SiR-DNA. (Rechts) Auswertung der Referenzdatensätze.
Abbildung 2 zeigt die vom NN ausgewerteten Referenzdaten, wobei AR im Zytoplasma grün, AR im Zellkern gelb und die AR-Sprenkel rot dargestellt sind. Anhand dieser farbkodierten Segmentierungskarte nahmen wir eine Feinabstimmung der Referenzdaten vor, indem wir Fehler bei der Kernerkennung und -segmentierung manuell korrigierten und falsch kategorisierte Kerne neu klassifizierten.
Abbildung 3: Das NN-Training erstellt den Ähnlichkeitsindex und die Mittelwerte der Validierung in Echtzeit.
Wir verwendeten die TruAI-Technologie zum Erstellen eines Standard-NN mit mehrklassigen Konfigurationen, das 10 Trainingsbilder von jedem AR-Phänotyp enthält. Qualität und Genauigkeit des NN wurden in Echtzeit gemeldet. Wie in Abbildung 3 zu sehen ist, stieg der Ähnlichkeitsindex mit jeder aufeinanderfolgenden Iteration während des Trainingsprozesses an, bis ein Plateau erreicht wurde, was auf eine Trainingssättigung hinweist (Pfeil nach unten). Nach jeweils 5.000 Iterationen (20 % Fortschritt) wurden Kontrollpunkte erstellt, und der optimale Kontrollpunkt wurde als trainiertes NN zusammen mit seinem Ähnlichkeitsindexwert gespeichert.
Wir validierten unser mehrklassiges NN-Modell mithilfe der anderen Hälfte der Bilder, die nicht als Referenzdaten bzw. für das NN-Training verwendet wurden (Blinddaten). Diese Validierungsergebnisse wurden dann zur Feinabstimmung der Modellparameter durch Anwendung eines Flächenfilters (min. 49,83 μm, max. 555,44 μm) verwendet, um Zelltrümmer und fehlsegmentierte Zellen zu entfernen. Das trainierte NN-Modell sagte unabhängig mehrklassige AR-Phänotypen ohne Kernfärbung voraus. Abbildung 4 zeigt die Verteilung der Phänotypklassen anhand der Daten von 10 Bildern.
Abbildung 4: Zellklassenverteilung für die folgenden Bedingungen: keine Behandlungskontrolle (links), Bicalutamid (Mitte) oder R1881 (rechts). Die Grafik zeigt den prozentualen Anteil der Zellen, die als Klasse 1 (AR im Zytoplasma), Klasse 2 (AR im Zellkern) und Klasse 3 (AR-Sprenkel) eingestuft wurden. Die Gruppe ohne Behandlungskontrolle ergab überwiegend Zellen der Klasse 1. Bicalutamid (AR-Antagonist) bewirkte eine Verschiebung in Richtung Klasse 2, und R1881 (AR-Agonist) führte zu aktiven AR der Klasse 3, die an transkriptionell aktiven Stellen lokalisiert waren.
Um das mehrklassige NN-Modell mit unabhängigen Bildern zu bewerten, erstellten wir einen neuen Datensatz mit zwei klinischen Antiandrogenen: Bicalutamid und Enzalutamid (Abbildung 5).
Abbildung 5: Zellklassenverteilung für die folgenden Bedingungen: R1881 plus Enzalutamid (links) oder Bicalutamid (rechts). Das Diagramm zeigt die vorhergesagte Kernklassenverteilung über die Behandlungsbedingungen hinweg.
Die Behandlung mit dem Antiandrogen der zweiten Generation, Enzalutamid, führte zu einer prominenten AR-Population im Zytoplasma (Klasse 2) mit wenig oder gar keinen AR-Sprenkeln (Klasse 3), was auf eine wirksame Blockade der ligandeninduzierten AR-Aktivierung hindeutet. Im Gegensatz dazu führte das ältere, weniger wirksame Antiandrogen Bicalutamid zu einer bemerkenswerten Verschiebung in Richtung aktiver AR (Klasse 3), was darauf hindeutet, dass es nicht in der Lage ist, die mit 1 nM R1881 induzierte AR-Aktivierung wirksam zu blockieren. Diese Daten bestätigen frühere Studien2.
Mithilfe des konfokalen Mikroskops Olympus FV3000 und der cellSens Software mit dem TruAI Deep-Learning-Modul entwickelten wir ein NN, um ungefärbte Zellkerne zu erkennen und zu segmentieren und Zellen auf der Grundlage von phänotypischen Veränderungen der AR als Reaktion auf Arzneimittel zu subklassifizieren. Dieser Ansatz hat aufgrund der geringen Testzeit (Versuchsaufbau) und der geringeren Kosten das Potenzial, die Effizienz von Arzneimittelprüfungen zu erhöhen.
Darüber hinaus können NNs die Datenqualität verbessern, da sie Artefakte wie Phototoxizität, Photobleichen und Inaktivierung lichtempfindlicher Verbindungen reduzieren und subtile Veränderungen erkennen, die vom Forscher und/oder herkömmlichen Bildanalyse-Pipelines übersehen werden könnten. Dieser Deep-Learning-Ansatz lässt sich auf breiterer Basis anwenden, um Zellpopulationen auf der Grundlage kern- oder zellbasierter Parameter – von der Proteinlokalisierung bis hin zu morphometrischen Veränderungen – zu subklassifizieren.
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