Die Polarisationsmikroskopie ist eine fortschrittliche optische Technik, die den Kontrast in doppelbrechenden Proben erhöht. Sie ermöglicht Einblicke in die Struktur und Zusammensetzung zahlreicher organischer und anorganischer Materialien.
Häufig werden zwei Arten der Polarisationsmikroskopie verwendet: lineare Polarisation und zirkulare Polarisation. Wie der Name schon sagt, wird bei der linearen Polarisation linear polarisiertes Licht und bei der zirkularen Polarisation zirkular polarisiertes Licht verwendet, um die Probe zu beleuchten. Letztere reagiert besonders empfindlich auf die Chiralität (Links- oder Rechtsausrichtung) von Strukturen innerhalb der Probe. Diese Techniken werden in diversen Bereichen wie der Biologie, Materialwissenschaft und Geologie zur Untersuchung der mikroskopischen Struktur und Eigenschaften verschiedener Materialien verwendet.
In diesem Anwendungsbeispiel werden diese Techniken mit polarisiertem Licht im Detail untersucht und erläutert, inwiefern zirkular polarisiertes Licht eine bessere Darstellung der doppelbrechenden Bestandteile in Skelettgewebe ermöglicht.
Doppelbrechung ist die Fähigkeit eines Materials, einen einfallenden Lichtstrahl in zwei separate Lichtbündel zu trennen. Haut, Hornhaut, Sehnen, Bänder, Muskelgewebe, Knorpel und Knochen sind Gewebe und Organe, die aufgrund ihrer organisierten, anisotropen Struktur (die optischen Eigenschaften sind nicht in allen Richtungen gleich) Doppelbrechung aufweisen. Diese Doppelbrechung wirkt sich darauf aus, wie die Bestandteile in unserem Skelettgewebe, z. B. Knochen und Knorpel, mit polarisiertem Licht interagieren.
Knochen von Säugetieren und Vögeln sind steife Gewebe, die hauptsächlich aus Kollagen und Kalziumphosphat bestehen. Sie enthalten vier Zelltypen:
Knorpelgewebe bildet zusammen mit dem Knochen das sogenannte Skelettgewebe. Dieses spezielle Bindegewebe ist flexibel, aber zäh. Es gibt drei verschiedene Arten von Knorpelgewebe:
Viele Substanzen haben Einfluss auf die Gesundheit der Knochen und Knorpel haben. Eine davon ist Vitamin C bzw. Ascorbinsäure. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Vitamin C für gesunde Knochen unerlässlich ist, da es für die Kollagenbildung benötigt wird und die Expression von Knochenmatrixgenen in den Osteoblasten induzieren kann. In Knorpelgewebe wurde Ascorbinsäure mit einer Verlangsamung von Osteoarthrose (einer Krankheit, die zu einer Degeneration der Gelenke führt) in Verbindung gebracht, da sie die Kollagensynthese anregt.
Um Bilder in hoher Qualität von Knochen, Knorpelgewebe, Ascorbinsäure (Vitamin C) und anderen doppelbrechenden Materialien mittels der Polarisationsmikroskopie aufzunehmen, ist es wichtig, die linear und zirkular polarisierten Beleuchtungsmethoden zu verstehen.
Lichtquellen erzeugen unpolarisiertes Licht, das sich um 360° ausbreitet. Wenn unpolarisiertes Licht durch einen Polarisator fällt, wird es in linear polarisiertes Licht umgewandelt. Das linear polarisierte Licht durchdringt die Probe. Wenn die Probe isotrop ist (das heißt, wenn sie über einheitliche optische Fähigkeiten für alle Richtungen verfügt), wird das polarisierte Licht nicht beeinflusst und bleibt im gleichen Polarisationszustand. Wenn die Probe jedoch anisotrop ist, ändert sich die Polarisation des Lichts, wenn es die Probe durchdringt. Durch diese Polarisationsänderung kann das Licht einen Analysator passieren, der senkrecht zum Polarisator ausgerichtet ist.
Ein Nachteil der linearen Polarisation ist die Bildung von Isogyren, dunklen Streifen in Form eines Malteserkreuzes (Kreuz mit V-förmigen Armen), im Sehfeld. Dies ist der Fall, wenn die dargestellte Probe eine radiale Symmetrie aufweist. Diese führt dazu, dass sich das polarisierte Licht um den radialen Mittelpunkt aufspaltet und Licht erzeugt, das nicht durch den Analysator dringen kann. Die dunklen Streifen führen zu einer Verringerung der Intensität, was wiederum die Verwendung der Aufnahmen zur Quantifizierung oder Analyse beeinträchtigt.
Bei der zirkularen Polarisation besteht dieser Nachteil nicht. Hier wird ebenfalls ein Polarisator verwendet, um gewöhnliches Licht in Licht umzuwandeln, das sich innerhalb einer einzigen Ebene ausbreitet (linear polarisiertes Licht). Bei der zirkularen Polarisation befindet sich jedoch ein doppelbrechendes Material, beispielsweise eine Viertelwellenplatte, in einem 45°-Winkel zum Polarisator im Lichtstrahl des polarisierten Lichts. Das Licht erfährt eine Phasenverschiebung, d. h. einen Unterschied in der Zeit, die die Lichtwellen zum Durchdringen des Materials benötigen. So entsteht Licht mit einem kreisförmig rotierenden Feld. Wenn das kreisförmig rotierende Licht die Probe durchdringt, wird es in allen 360°-Rotationspositionen gebrochen. Bringt man eine zweite Viertelwellenplatte im 90°-Winkel zur ersten Platte in den Lichtstrahl des gebrochenen Lichts ein, wird dieser Effekt aufgehoben. Dadurch entsteht wieder linear polarisiertes Licht, das dann durch die Transmissionsachse des Analysators geleitet wird. Es ist zu beachten, dass die beiden Viertelwellenplatten um 45° gegenüber dem Polarisator gedreht sind, jedoch in entgegengesetzte Richtungen.
Abbildung 1: Ascorbinsäure-Kristalle, abgebildet mit a) linearer und b) zirkularer Polarisation unter Verwendung des SLIDEVIEW VS200 Objektträgerscanners für die Forschung von Evident mit dem Objektiv MPLFLN40X (0,75 NA). (a) Mit linearer
Polarisation sind die typischen Isogyren (schwarze Bänder) zu sehen. (b) Mit zirkularer Polarisation sind auf derselben Probe keine Artefakte zu erkennen.
Ascorbinsäure bzw. Vitamin C ist ein chirales Molekül. Wenn polarisiertes Licht Ascorbinsäure-Kristalle durchdringt, bewirkt die Chiralität des Moleküls eine Rotation der Polarisationsebene des Lichts. Die Lichtinterferenz erzeugt Farben, die schöne Bilder ergeben.
Abbildung 2: Abbildungen von Ascorbinsäure (Vitamin C) mit polarisiertem Licht. a) Mit linearer Polarisation sind die typischen Isogyren (Malteserkreuze) zu sehen. b) Mit zirkularer Polarisation entstehen keine Isogyren. Die hier gezeigten braunen runden Strukturen sind sehr dicke Kristalle. Aufgenommen mit dem VS200 Objektträgerscanner für die Forschung und dem MPLAPON50X Objektiv (0,95 NA).
Abbildung 3: Bilder von Bindegewebe und Knochen, bei denen Kollagenfasern unterschiedlicher Ausrichtung in polarisiertem Licht sichtbar gemacht werden. a) Bindegewebe, aufgenommen mit linear polarisiertem Licht. b) Bindegewebe, aufgenommen mit zirkular polarisiertem Licht. c) Querschnitt durch Knochen, aufgenommen mit linear polarisiertem Licht. d) Querschnitt durch Knochen, aufgenommen mit zirkular polarisiertem Licht. Quer ausgerichtete Kollagenfasern erscheinen hell, längs ausgerichtete Fasern dunkel. Fasern mit Ausrichtungen dazwischen weisen unterschiedliche Grautöne auf. Aufgenommen mit dem VS200 Objektträgerscanner für die Forschung und dem MPLAPON50X Objektiv (0,95 NA).
Die Aufnahme von Bildern mittels Polarisation ist ästhetisch ansprechend, aber welche wissenschaftliche Relevanz haben diese Bilder? Im Falle von Ascorbinsäure ist die Wechselwirkung der Moleküle mit polarisiertem Licht eine Eigenschaft, die man sich in der chemischen Analyse zur Bestimmung der Konzentration und Reinheit von Ascorbinsäure zu Nutze macht. Dazu wird in der Regel ein Polarimeter verwendet.
In Studien zu Knochen wurde mit zirkularer Polarisation gearbeitet, um die Ausrichtung der Kollagenfasern abzubilden. Dies wurde mit den Daten zur Knochenbelastung korreliert. Es ist inzwischen bekannt, dass Kollagenfasern, die überwiegend quer ausgerichtet sind, Druckkräften besser standhalten, während Längsfasern Zugkräften besser standhalten. Zudem weisen Kollagenfasern, die im 45°-Winkel zur Lamelle ausgerichtet sind, eine bessere Scherfestigkeit auf.
Auch die Ausrichtung der Kollagenfasern im Knorpelgewebe erwies sich als wichtig für die Widerstandsfähigkeit gegenüber Druck und Verformung aufgrund von Belastung oder Bewegung. Schon geringe Störungen der Kollagenstruktur im Knorpelgewebe wurden mit pathologischen Erkrankungen wie Arthrose in Verbindung gebracht.
*Komponenten für die zirkulare Polarisation für den VS200 Scanner sind derzeit nur in der EMEA-Region erhältlich. Für Informationen kontaktieren Sie Ihren zuständigen Evident Vertriebsmitarbeiter.
Laura Lleras Forero, Product Marketing Manager, Life Science Research, EMEA, Evident
Heiko Gäthje, Senior Trainer, Training Academy, Evident
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